Wir ORCAs durften Marie ein halbes Jahr bei uns als Praktikantin begrüßen. In dieser Zeit hat sie auch den nachfolgenden Meinungsbeitrag geschrieben. Auf diesem Wege möchten wir uns nochmal herzlich für ihre Unterstützung und diesen spannenden Artikel bedanken.
Es kommt nicht selten vor, dass wir in der Zusammenarbeit mit Kund*innen erklären, was genau Kommunikationsarbeit ist und wie verschiedene Mechanismen zusammenhängen – so berichteten es mir zumindest meine Kolleg*innen. Ich selbst war zu dem Zeitpunkt nämlich nicht nur ganz neu bei ORCA van Loon Communications, sondern auch ein Neuling in der Kommunikationsbranche an sich. Die letzten Jahre habe ich als Kulturwissenschaftlerin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschung verbracht. Die Zusammenstellung von grundsätzlichen Aufgaben, Kennzahlen und Folgen von Kommunikationsarbeit klang daher genau nach der richtigen Aufgabe für mich. Dabei schärfte etwa das Herausarbeiten von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Public Relations, Public Affairs und Corporate Communications meinen Blick auf unsere Aufgaben in der Unternehmensberatung und die Recherche statistischer Daten zeigte mir eindrücklich, wie wichtig gute Kommunikation ist.
Das Zauberwort Newsroom
Als ich bei meinen Nachforschungen – ich war mittlerweile beim Schlagwort „integrierte Kommunikation“ angelangt – auf das Modell des Newsrooms gestoßen bin, dachte ich zunächst, ich habe den heiligen Gral gefunden. Nicht, weil das Konzept unbedingt neu ist, ganz im Gegenteil. In der deutschen Unternehmenskommunikation gibt es die Newsrooms seit rund 10 Jahren. Ich war deshalb so begeistert, weil das Modell so viele wissenschaftliche Kriterien zu erfüllen schien. Eine beinahe perfekte Umsetzung von Theorie in die Praxis.
So denken auch andere: Folgt man einer Umfrage des Hamburger Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF) von 161 Fach- und Führungskräften aus der PR- und Kommunikationsbranche im Dezember 2021, so haben dreiviertel der Befragten einen Newsroom in irgendeiner Form in ihrem Unternehmen verankert, stecken im Prozess der Umsetzung oder wünschen sich ein entsprechendes Konzept. Doch die Ernüchterung folgte auf dem Fuße. Schon bei der Suche nach anschaulichen Beispielen für erfolgreich umgesetzte Modelle fand ich nur immer wieder dieselben Namen mit den immer gleichen Kampagnen.
Wo liegen die Herausforderungen für die Unternehmen?
Offenbar scheint es gar nicht so einfach zu, einen Newsroom zu etablieren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zwei der wichtigsten Faktoren sind wie so oft Geld und Zeit: Die Etablierung eines Newsrooms bedeutet für viele Unternehmen eine vollständige Umstrukturierung, die nicht nur die Presse- oder Kommunikationsabteilungen betrifft, sondern auch viele Unternehmensbereiche bis in die Chefetagen hinein. Eine andere Umfrage des IMWF kommt zu dem Ergebnis, dass das Top-Management in strategischen Fragen zu 63 Prozent auf die Finanzen und das Controlling schaut, aber nur zur 36 Prozent auf die Kommunikation – hier werden Prioritäten deutlich.
Hinzu kommt natürlich die eigentlich Konzeption und Umsetzung: Wände einreißen, Barrieren überwinden – das sind die mal metaphorisch, mal auch buchstäblich gemeinten Wordings, die Newsroom-Anleitungen überschreiben. Aus einer kreativen Perspektive klingt das erst einmal super: Offene Räume, alte Strukturen entfernen, Abbau von Hierarchien. Doch nicht alle Mitarbeiter*innen eines Unternehmens reagieren positiv auf Change-Prozesse. Einige bekommen Angst um ihren Arbeitsplatz. Andere fragen sich, warum etablierte, vermeintlich doch ganz gut funktionierende und ans Ziel führende Pfade nun verlassen werden müssen. Akzeptanzmanagement und eine gut aufgestellte interne Kommunikation ist an dieser Stelle das A und O.
Den Newsroom nicht als Selbstzweck begreifen
Treten wir einen Schritt zurück: Der Newsroom soll – auch wenn es in einigen Berichten einen gegenteiligen Eindruck macht – nicht Selbstzweck sein. Vielmehr geht es um die Integration und Verknüpfung von zuvor getrennt gedachten Unternehmensbereichen mit dem Ziel, die besseren Storys erzählen zu können.
Während das in kleinen und mittleren Unternehmen noch – vermeintlich – einfach klingt, sieht das bei großen Konzernen schon ganz anders aus. Die mannschaftsstarken Abteilungen sind hochgradig spezialisiert und müssen bereits einen Teil ihrer Ressourcen aufwenden, um sich innerhalb des Teams abzustimmen. Zudem ringen sie mit anderen Abteilungen um Mittel und so kommt es mitunter es mitunter eher zu einem Gegen- als einem Miteinander. Hier könnten Einzelmaßnahmen und Kampagnen – ein gemeinsames Intranet oder eine zusammengelegte Social Media-Redaktion – dazu führen, dass erste Barrieren abgebaut werden und mehr Verständnis für die Arbeit des anderen aufgebaut wird. Natürlich geht es auch hier um Veränderungen, jedoch nicht einem theoretischen Ideal folgend, sondern mit Hands-on Mentalität und festen Prozessen. Davon profitiert auch die Unternehmenskommunikation – und das vielleicht ganz ohne zuvor Aufklärungsarbeit über ihre Aufgaben und Zweck zu leisten, denn schließlich kommt es schnell zu sichtbaren Ergebnissen.
Mein Fazit: Es muss nicht immer gleich der große, abstrakte Wurf sein. Kleiner gedachte Maßnahmen, die Schritt für Schritt zu einer integrierten Kommunikation beitragen, führen ebenso ans Ziel.